Die Schulter ist das Gelenk mit dem größten Bewegungsumfang unseres Körpers. Die Beweglichkeit wird ermöglicht, indem die knöcherne Führung sehr gering ist und die Stabilität von der Gelenkkapsel, verschiedenen Bändern und – ganz wichtig – den Muskeln der sogenannten Rotatorenmanschette abhängt. Die Muskeln der Rotatorenmanschette, die unter dem großen Schulterkappenmuskel (M. deltoideus) liegen, heißen Supraspinatus, Infraspinatus, Subscapularis und Teres minor. Die Muskeln sorgen wie die Zügel an einer Kutsche für die Innen- und Außenrotation in der Schulter sowie die Abspreizung des Arms. Manchmal wird auch die lange Bizepssehne noch zu der Rotatorenmanschette gezählt. Sie hat im Gegensatz zur kurzen Bizepssehne keine wesentliche Funktion mehr in unserer Schulter und läuft quer durch das Gelenk zu ihrem Muskelbauch am Oberarm.
Die Schulter besteht nicht nur aus dem eigentlichen Schultergelenk zwischen Oberarmkopf und Schulterblatt (=Glenohumeralgelenk), sondern auch noch aus drei weiteren Gelenkanteilen: dem Schultereckgelenk (=Akromioklavikulargelenk) zwischen Schulterblatt und Schlüsselbein, dem Sternoklavikulargelenk zwischen Brustbein und Schlüsselbein sowie der Gleitschicht zwischen dem Schulterblatt und dem Brustkorb.
Aufgrund der Tatsache, dass wir im Laufe unserer Entwicklung vom Vierfüßlergang zur aufrechten Gangart gewechselt sind, kommt es zu etwas ungünstigen biomechanischen Verhältnissen in der Schulter. Die Sehnen altern mit der Zeit und werden spröde. Langjährige schwere körperliche Arbeit oder Sport, der die Schulter stark belastet, kann diesen Prozess beschleunigen. Rupturen aufgrund von Unfällen sind sehr selten, meist handelt es sich hier um Hochrasanztraumen wie z.B. Autounfälle.
Werden die Sehnen spröde, können sie etwas aufquellen. Der Platz unter dem Schulterdach (Akromion) wird etwas zu eng und es kommt zu einem sogenannten Engpassyndrom (Impingementsyndrom). Meistens klagen die Patienten über flächige Schmerzen, vor allem bei Bewegungen über den Kopf und komplexe Drehbewegungen wie in den Mantelärmel schlüpfen oder den Sicherheitsgurt im Auto anlegen. Die Schmerzen rühren dabei von der Gleitschicht zwischen den Sehnen und den Knochen an der Schulter, den Schleimbeuteln: es kommt zu einer sogenannten Bursitis subakromialis oder subdeltoidea.
Auch die lange Bizepssehne kann Ärger machen: wenn die Sehne aus ihrer Umlenkung in der Schulter springt, dem sogenannten Pulley, kommt es zu Schmerzen im Vorderbereich der Schulter, die meistens in den Bizepsmuskel strahlen. Im schlimmsten Fall reißt die Sehne auch spontan und der Muskelbauch verlagert sich in Richtung Ellbogen. Das sieht merkwürdig aus, ist aber nicht schlimm: wie oben erwähnt, hat die lange Bizepssehne praktisch keine Funktion mehr in ihrem Gelenk.
Sollten die Beschwerden nicht vergehen, sollte die Untersuchung ausgeweitet werden: Ein Röntgenbild kann eine Kalkschulter (Tendinitis calcarea) oder Arthrose (Schulterarthrose = Omarthrose) sichern, Ultraschalluntersuchungen einen ersten Anhalt für eine Schädigung der Sehnen und Bänder geben. Der Goldstandard in der Bildgebung ist allerdings die Magnetresonanztomographie (=Kernspintomographie=MRT). Mit dem MRT lässt sich z.B. das Ausmaß einer Rotatorenmanschettenruptur sehr genau diagnostizieren.
Das Schultereckgelenk (=Akromioklavikulargelenk (ACG)) nimmt an jeder Bewegung der Schulter teil, ist aber nur ein sehr kleines Gelenk. Daher kommt es hier häufig zu einer ACG-Arthrose schon ab dem vierzigsten Lebensjahr. Zum Glück kommt es aber eher selten zu Beschwerden.
Deutlich schmerzhafter ist ein Sturz auf die Schulter mit einer Schultereckgelenksprengung. Je nach Ausmaß der Verletzung kommt es zu einem Hochstand des Schlüsselbeins, dem sogenannten Klaviertastenphänomen. Bei größerem Versatz sollte innerhalb von zwei Wochen das Gelenk wieder mit kräftigen Fäden stabilisiert werden. Bei weiter zurückliegenden Verletzungen muss zusätzlich eine körpereigene Sehne zur Stabilisierung verwendet werden.
(Bild: Arthrex)
Ein Auskugeln der Schulter, eine sogenannte Schulterluxation, ist ein ausgesprochen schmerzhaftes Ereignis. Meistens kugelt die Schulter nach vorne unten aus, häufig bei einer plötzlichen Bewegung nach oben außen wie z.B. beim Greifen in den Wurfarm beim Handball oder einem Hängenbleiben des Arms beim Snowboarden. Die Schulter muss vorsichtig meist unter einer kurzen Beruhigungsnarkose reponiert werden. Bei jungen Menschen unter 30 Jahre oder einer erneut aufgetretenen Luxation sollte über eine meist arthroskopische stabilisierende OP nachgedacht werden. Sollte bereits ein großer Teil des Knochens an der Gelenkpfanne abgebrochen sein, muss über einen Knochenaufbau der Gelenkpfanne nachgedacht werden. Hier kommt ein Transfer des Rabenschnabelfortsatzes an die Gelenkpfanne (Coracoidtransfer nach Latarjet) oder eine Knochenspanplastik vom Beckenkamm in Betracht.
Wie jedes Gelenk an unserem Körper kann auch die Schulter eine Arthrose (=Omarthrose) entwickeln. Neben dem belastungsbedingten Verschleiß, der sogenannten primären Arthrose, kann es auch zu sekundären Arthrosen in Folge von gelenknahen Knochenbrüchen oder lange unbehandelten Rotatorenmanschettenrupturen (=Cuff-Arthropathie) kommen. Abhängig vom Leidensdruck des Patienten und des Krankheitsbildes wird dann ein künstliches Gelenk (anatomische Prothese oder inverse Prothese) eingesetzt.
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